Überwindung von Innen und Außen

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Fotos: Steffen Rasche

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Foto: BKV Potsdam

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Foto: Franka Hörnschemeyer

Martin Kaltwasser gewinnt den Ideenwettbewerb für den SeeCampus Niederlausitz in Schwarzheide
Der Berliner Künstler Martin Kaltwasser hat sich im Ideenwettbewerb für eine künstlerische Weiterentwicklung des Bildungszentrums SeeCampus Niederlausitz durchgesetzt. Die zehnköpfige Jury empfahl damit einen Entwurf, der unter dem Titel „Der Möglichkeitsraum oder Das Gestalt gewordene Zwischen“ möglichst große Teile der Schüler- und Lehrerschaft in die weitere künstlerische Arbeit einbeziehen will.

Kaltwasser schlug keine fertige Gestaltung vor, sondern entwickelte in seinem Vorschlag eine ganze Reihe möglicher Teilprojekte. In Workshops und anderen Beteiligungsformen sollen die Schulnutzer den SeeCampus nun in ein „Laboratorium“ verwandeln und gemeinsam darüber entscheiden, wie die Schule sich verändern soll. Dabei setzt der Künstler auch auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Bürgern im Umfeld des Bildungszentrums.

Auf den zweiten Platz wählte die Jury den Niederländer John Körmeling aus Eindhoven, der vorgeschlagen hatte, den kompakten, zur Außenwelt abgeschlossenen SeeCampus-Bau mit einer frei tragenden, weit ausschwingenden Wendeltreppe zu ergänzen, die direkt auf das Dach führen würde. „Erweitert mit freiem Raum“, so der Titel, versteht den Raum neben und auf der Schule als Teil einer zu gestaltenden „Open Air Schule“ und will die Architektur „mit ihrem Gegenteil“ ergänzen.

Der dritte Platz geht an Atelier Van Lieshout in Rotterdam und damit ebenfalls in die Niederlande. Mit „King Kong“ hatte Atelier van Lieshout einen „Affenfelsen“ vorgeschlagen, der auf seiner Vorderseite wie eine Tribüne gestaltet ist und den Schülern die Möglichkeit geben würde, sich in kleinen Gruppen zusammenzufinden und in einem Spiel aus Sehen und Gesehenwerden vor der Schule zu posieren. Zugleich bietet die ausgehöhlte Rückseite einen geschützten Raum, um sich zurückzuziehen und stellt dem modernistischen Campus so einen archaischen Gegenentwurf gegenüber.

Daneben empfahl die Jury auf ausdrücklichen Wunsch der beiden Schulvertreter, eine weitere Ausarbeitung und spätere Realisierung des Entwurfes „Patch“ von Franka Hörnschemeyer (unter Mitarbeit des Architekten Christoph Stolzenberg) zu prüfen. Die Künstlerin hatte die Installation eines flexiblen, frei gestalt- und veränderbaren Dachs über dem Schulinnenhof empfohlen. Die Jury sah hier den Beteiligungswunsch nicht ausreichend berücksichtigt, sieht in dem Dachentwurf aber eine wünschenswerte Ergänzung der Campus-Architektur außerhalb des Wettbewerbs und seiner engeren Zielrichtung.

Dem Wettbewerb war ein mehrjähriger Beteiligungsprozess mit Workshops und Befragungen vorausgegangen. Die Künstlerinnen und Künstler, darunter auch Paweł Althamer aus Warschau und Hester Oerlemans aus Berlin, hatten im Laufe des Verfahrens direkt mit Schülern zusammengearbeitet. Ihre Entwürfe waren die Antwort auf die dabei ermittelten Bedürfnisse. Die Jury widmete sich deshalb mit besonderem Augenmerk auch diesem Dialog zwischen Kunst und Schule und maß die eingereichten Entwürfe auch an ihrer Sensibilität für die Schülerwünsche.

In ihrer Begründung würdigte die Jury Martin Kaltwasser für seine radikale Öffnung gegenüber den beiden Schulen am Schwarzheider Bildungsstandort. „Statt allein einen profilierten Gestaltungsvorschlag vorzulegen, bietet Kaltwasser eine besonders profunde Schulanalyse an“, so die Erklärung der Juroren, „aus der er eine ganze Typologie der Lösungsvorschläge ableitet. Das Verfahren ist hier bereits ein Teil des Ziels. Rund um das Gebäude herum beschreibt er mögliche Räume, Platz- und Wandgestaltungen, die er erst im Dialog mit den Schülern endgültig fixieren will. Partizipation ist hier keine Modefloskel, sondern eine künstlerische Denk- und Handlungsform. Kunst will sich hier nicht selbst verwirklichen, sondern Freiräume für schulische Leidenschaft schaffen.“ Kaltwassers Projekt schlägt dabei vor, die Außengestaltungen im Gebäudeinneren durch Wandgestaltungen widerzuspiegeln. Inneres und Äußeres sollen sich durchdringen und im Lernalltag daran erinnern, wie Kreativität und soziales Miteinander Räume unseren Alltag verändern können.

Zugleich mit ihrer Würdigung empfahl die Jury dem anspruchsvollen Projekt, im Dialog mit den beiden Schulen geeignete Mitwirkungsformen zu entwickeln. „Wir haben hier ein Projekt ausgezeichnet, dessen Konturen ungeheure Potentiale für die Schüler und die Identität der Schulen erkennen lassen“, erklärte Hans Dieter Huber von der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart. „Nun kommt es auch darauf an, dass das Projekt den Umgang mit den schulischen Bedürfnissen als Teil der künstlerischen Praxis versteht und daraus eine profilierte Formsprache entwickelt.“ Susanne Titz vom Städtischen Museum Abteiberg in Mönchengladbach fügt hinzu: „Wir haben hier nicht nur einen Entwurf, sondern den Öffnungsanspruch der Kunst würdigen wollen.“ Es komme nun darauf an, dass „aus dem kreativen Miteinander ein schlüssiges Gesamtbild wird, das für die Zukunft des SeeCampus steht“, erklärte Landrat Siegurd Heinze, der dabei auf Martin Kaltwassers Projektbeschreibung verwies. In ihr hatte der Künstler von „Möglichkeitsräumen“ gesprochen, „aus denen heraus ein selbst gestaltetes, zur Identifikation einladendes Schulumfeld entsteht“ und eine „leidenschaftlich gelebte Alltagskultur“ verlangt.

Die vergebenen Prämierungen sind mit 5.000, 3.000 und 2.000 Euro dotiert.

Das Projekt „Kunst für den SeeCampus“ wurde vom Förderverein SEECAMPUS Schwarzheide-Lauchhammer e.V. ausgelobt und in Kooperation mit dem Brandenburgischen Kunstverein Potsdam e.V. als Brandenburger Partner des europäischen Netzwerks „Neue Auftraggeber“ umgesetzt, das seit den 1990er Jahren Bürgern ermöglicht, internationale Künstlerinnen und Künstler mit der Realisierung herausragender Kunstwerke zu beauftragen.

Der Jury gehörten als Fachpreisrichter Prof. Dr. Jörg Heiser, Gf. Direktor des Instituts Kunst im Kontext an der Universität der Künste Berlin, Prof. Dr. Hans Dieter Huber, Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart, Ulrike Kremeier, Direktorin des Brandenburgischen Landesmuseums für moderne Kunst, Susanne Titz, Direktorin Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach und Gerrit Gohlke vom BKV Potsdam e.V. und Neue Auftraggeber gGNA mbH an.
Als Vertreter des Trägers und der Nutzer nahmen Landrat Siegurd Heinze vom Landkreis Oberspreewald-Lausitz, Oberstudienrat Steffen Exler, Schulleiter des Emil-Fischer Gymnasiums Schwarzheide, Dr. Margit Lieback, Schulleiterin des Oberstufenzentrums Lausitz, Arne Petersen, Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der BASF Schwarzheide GmbH, und Paul-Gerhard Thiele, Vorsitzender des Fördervereins SEECAMPUS Schwarzheide-Lauchhammer e.V., teil.


Der auslobende Verein und Neue Auftraggeber danken ausdrücklich den Förderern des Projekts. So konnten die Preisgelder ausschließlich durch Unterstützer am Ort finanziert werden. Dabei finanziert die BASF Schwarzheide GmbH das Preisgeld für den 1. Preis, die Dehmel-Stiftung den 2. Preis, während die Glas- und Gebäudereinigung Moldenhauer GmbH, die  Seenland-Outlets GmbH und die Takraf GmbH Lauchhammer den 3. Preis unterstützen.
Die Projektentwicklung und Mediation wurde großzügig von der Fondation de France unterstützt.


Ausstellung der Entwürfe
Vom 10. bis 28. Oktober 2018 im Brandenburgischen Kunstverein Potsdam, Freundschaftsinsel

Vorstellung des Wettbewerbssiegers
Mittwoch, 17. Oktober 2018, 17.30 h im Brandenburgischen Kunstverein Potsdam,
Freundschaftsinsel Potsdam


In Kooperation mit dem Förderverein SeeCampus Schwarzheide-Lauchhammer e.V.

In Kooperation mit dem Förderverein SeeCampus Schwarzheide-Lauchhammer e.V.

Mittwoch, 17. Oktober 2018