Thomas Hummel: Aus Trachila
1, 3, 6
Fotos:BKV Potsdam
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Foto:
Thomas Hummel /
Bremer Lautsprecher Orchester
4, 5
Bilder: Wikipedia
Thomas Hummel
Aus Trachila (inszenierte Aufführung für einen Sprachkünstler und Lautsprecherorchester)
Aus Trachila basiert auf dem Roman „Die letzte Welt“ von Christoph Ransmayr, der in der Zeit des ersten römischen Kaisers Augustus spielt und Cotta, einen Bewunderer des römischen Dichters Ovid, bei dem Versuch begleitet, dessen Verbleib in der politischen Verbannung aufzuklären. Ovid war nach Tomis deportiert worden. In Ransmayrs Roman ist der letzte bekannte Aufenthaltsort des Dichters das Dorf Trachila, wo er aber unauffindbar bleibt. Cotta entdeckt stattdessen in der Nähe seltsame Spuren im Urwald. Im Laufe der Erzählung verändert sich Cottas Leben auf bizarre Weise. Ihm droht der Verlust des Selbst.
Aus Trachila ist ursprünglich ein einstündiges, instrumentales Werk für 22 Instrumente und vier Sprecher. Ohne Auftrag komponiert, wurde es jedoch in dieser Form nie aufgeführt. Es nahm stattdessen einen anderen Weg. Thomas Hummel spielte das Werk Instrument für Instrument getrennt im Playbackverfahren ein und montierte das Werk zu einer Art hyperrealistischen Aufnahme. Es ist daher möglich, das Werk in einer beliebigen Kombination aus Instrumenten und elektroakustischen Instrumenten aufzuführen. Hier ist es eine Kombination aus einem Sprachkünstler und der Installation des Bremer Lautsprecher Orchesters. Jeder Lautsprecher repräsentiert dabei ein Instrument. Individuelle Mikroverzögerungen und Transpositionen für jede einzelne Stimme führen dabei zu einem singulären Raumklangkonzept, das für 3 Protagonisten inszeniert wird.
Thomas Hummel: „Es soll dabei unter anderem um die allmähliche Zerstörung von Schrift gehen – die Schrift von Ovid. Bereits in dem Zuspiel-Video einer früheren Aufführung waren die Hände eines alten kranken Manns zu sehen, die ein Paket in der Hand halten. Es ist gewissermaßen ein Paket, das Ovid uns geschickt hat. Das Paket ist mit Ausschnitten aus Tristes von Ovid bedeckt. Die Hände zerreißen allmählich das Paketpapier, um an den Inhalt zu gelangen und zerstören dabei die Schrift.“
Hummel sieht die Installation in Potsdam als „Landschaft aus Lautsprecherskulpturen“. Vor dem Hintergrund der Handlung des Stücks wird ein Teil der Lautsprecher mit Papier verpackt, auf dem das Publikum einzelne, verstreute Wörter entziffern kann. Die Wörter sind der lateinischen Fassung von Ovids Tristes entnommen.
Thomas Hummel (*1962) lebt und arbeitet in Freiburg im Breisgau/Deutschland. Diplomchemiker. Studierte in Köln und Freiburg Komposition mit Diplomabschluss bei Johannes Fritsch, Klaus Huber und Mathias Spahlinger. Zwischen 1992-94 war er als Komponist am IRCAM (Paris) eingeladen. Arbeitet beim Experimentalstudio des SWR. Sein Werkspektrum reicht vom Solostück bis zum Orchesterwerk unter Einbeziehung elektronischer Medien. Thomas Hummels Spezialgebiet ist die Sprachklangkomposition. Hierbei handelt es sich um Instrumentalwerke, deren Orchestrationen Sprachphonemene klanglich simulieren. Seit 2014 beschäftigt er sich mit osteuropäischer Kultur, Politik und der Vertonung russischer Gegenwartsliteratur. Thomas Hummel erhielt Kompositionspreise u.a. bei der Villa Concordia Bamberg und Musikprotokoll Graz sowie Stipendien der Deutschen Studienstiftung, des DAAD und der Rosenberg-Stiftung.
Zum Projekt Airspace
Mit freundlicher Unterstützung der Karin und Uwe Hollweg Stiftung und durch Gerd de Vries
in Kooperation mit rem, projektgruppe neue musik e.V., Bremen