Eva Sturm: Weiße Karte und Suche.
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Foto: privat
2-4, 6, 8
Fotos: BKV Potsdam
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Copyright: Wikipedia / Wikimedia Commons
Unsinn / Sinn. Vortrag - 21. Juli 2019, 18 Uhr
Weiße Karte und Suche.
Unsinn / Sinn
"In dem Gedicht 'The Hunting oft he Snark. An Agony in Eight Fits' (Die Jagd auf den Snark – eine Agonie in acht Anfällen) von Lewis Carroll macht sich eine Gesellschaft aus acht Männern und einem Biber auf den Weg, um den 'Snark' (dt. Schnatz oder Schnark) zu fangen. Als einzige Wegweisung besitz die skurrile Jagdgemeinschaft, bestehend aus einem Metzger, einem Stiefelputzer, einem Haubenmacher, einem Anwalt, einem Billardmarkeur, einem Bankier, einem Börsenhändler und einem Bäcker, eine weiße Seekarte - ohne überhaupt zu wissen, wie sie sich einen 'Snark' vorzustellen hätte.
Schon im Vorwort berichtet Carroll von der Unmöglichkeit, das Schiff in den Griff zu bekommen. Zu viele Regeln, zu viele Gesetze und Aufgabenverteilungen verhindern die Kontrolle über die Ansteuerung des Ziels: Während dieser verwirrenden Perioden segelte das Schiff gewöhnlich rückwärts.
So begibt sich die Schiffsmannschaft mit der weißen Karte auf die Jagd nach etwas, von dem selbst der Autor des absurden Sprachspiels vorgibt, nicht zu wissen, worum es sich handelt. Kurz nach Erscheinen des Gedichtes, schreibt er einer Freundin. 'Of course you know, what a snark is? If you do, please tell me, for I haven’t an idea what it is like.' In dem Gedicht selbst heißt es – und das ist auch der letzte Satz, welcher Carrolls Bericht zufolge der erste war, den er schrieb, um von da aus seine ‚Agonie’ zu entwickeln: 'Denn der Schnatz war ein Buddscham, nicht wahr?' Der hermetische Satz, der nichts erklärt, hebt sich selbst auf. Und der Bäcker, der den Schnatz am Ende der Reise erringt, verschwindet in dem Moment, als er ihn entdeckt. Nichts ist zu sehen.
Wer weiß…?"
Eva Sturm ist Kunstpädagogin, Museumspädagogin und Germanistin. Sie lehrte von 1998 bis 2006 an der Universität Hamburg, hatte Gast- und Vertretungsprofessuren in Berlin, Oldenburg und Erfurt inne und war 2009-2015 Professorin für Kunst-Vermittlung-Bildung in Oldenburg. Die gebürtige Österreicherin lebt in Berlin. Mehrere Buchpublikationen. In ihrer Arbeit widmet sie sich mit besonderem Schwerpunkt dem Sprechen über Kunst, der (künstlerischen) Kunstvermittlung und künstlerisch-publikumsintegrative Projekten.
mehr zur Ausstellung Wild Card Character
Unsinn / Sinn
"In dem Gedicht 'The Hunting oft he Snark. An Agony in Eight Fits' (Die Jagd auf den Snark – eine Agonie in acht Anfällen) von Lewis Carroll macht sich eine Gesellschaft aus acht Männern und einem Biber auf den Weg, um den 'Snark' (dt. Schnatz oder Schnark) zu fangen. Als einzige Wegweisung besitz die skurrile Jagdgemeinschaft, bestehend aus einem Metzger, einem Stiefelputzer, einem Haubenmacher, einem Anwalt, einem Billardmarkeur, einem Bankier, einem Börsenhändler und einem Bäcker, eine weiße Seekarte - ohne überhaupt zu wissen, wie sie sich einen 'Snark' vorzustellen hätte.
Schon im Vorwort berichtet Carroll von der Unmöglichkeit, das Schiff in den Griff zu bekommen. Zu viele Regeln, zu viele Gesetze und Aufgabenverteilungen verhindern die Kontrolle über die Ansteuerung des Ziels: Während dieser verwirrenden Perioden segelte das Schiff gewöhnlich rückwärts.
So begibt sich die Schiffsmannschaft mit der weißen Karte auf die Jagd nach etwas, von dem selbst der Autor des absurden Sprachspiels vorgibt, nicht zu wissen, worum es sich handelt. Kurz nach Erscheinen des Gedichtes, schreibt er einer Freundin. 'Of course you know, what a snark is? If you do, please tell me, for I haven’t an idea what it is like.' In dem Gedicht selbst heißt es – und das ist auch der letzte Satz, welcher Carrolls Bericht zufolge der erste war, den er schrieb, um von da aus seine ‚Agonie’ zu entwickeln: 'Denn der Schnatz war ein Buddscham, nicht wahr?' Der hermetische Satz, der nichts erklärt, hebt sich selbst auf. Und der Bäcker, der den Schnatz am Ende der Reise erringt, verschwindet in dem Moment, als er ihn entdeckt. Nichts ist zu sehen.
Wer weiß…?"
Eva Sturm ist Kunstpädagogin, Museumspädagogin und Germanistin. Sie lehrte von 1998 bis 2006 an der Universität Hamburg, hatte Gast- und Vertretungsprofessuren in Berlin, Oldenburg und Erfurt inne und war 2009-2015 Professorin für Kunst-Vermittlung-Bildung in Oldenburg. Die gebürtige Österreicherin lebt in Berlin. Mehrere Buchpublikationen. In ihrer Arbeit widmet sie sich mit besonderem Schwerpunkt dem Sprechen über Kunst, der (künstlerischen) Kunstvermittlung und künstlerisch-publikumsintegrative Projekten.
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Sonntag, 21. Juli 2019