Bild und Träger

Fotos 1 + 5
Links: Doris Lasch und Ursula Ponn
Die Verwendung des Materials, 2011
Courtesy: Doris Lasch/Ursula Ponn
Rechts: Art & Language
An Incident in a Museum: Study for a Hostage, 1987
Courtesy: Klaus Merkel

Foto 2
Links: Michael Dreyer
Ee, 2011
Courtesy: Aanant & Zoo, Berlin
Rechts: Jens Wolf
o.T., 2011
Courtesy: Jens Wolf

Fotos 3 + 4
Thomas Kratz
BUTT, 2011
Performance

Foto 6
Michael Dreyer
Ee (Details), 2011
Courtesy: Aanant & Zoo, Berlin

Foto 7
Doris Lasch und Ursula Ponn
Rack (li.) und Tor (re.)
("Die Verwednugn des Materials"), 2011
Courtesy: Doris Lasch/Ursula Ponn

Foto 8
Rechts: Jens Wolf
o.T., 2012
Courtesy: Jens Wolf
David Regehr
o.T., 2002
Courtesy: David Regehr

Und ein Pfeiler in Sanssouci
28. August 2011 bis 12. Oktober 2011
„Bild und Träger" ist keine Geschichtsschau, sondern eine Ausstellung darüber, warum und woraus wir uns Bilder machen. In einem visuellen Dialog mit Karl Friedrich Schinkels Sanssouci-Planungen untersuchen Künstler unseren Bilderglauben und die Art und Weise, wie wir uns aus Bildern die Welt erfinden. Dabei entsteht unter der Hand ein Dialog mit der deutschen Romantik und der Hoffnung Gegenwart und Vergangenheit in Bildern zu ver- söhnen. Der Betrachter bekommt statt fertiger Welterklärungen die Bestandteile der Bilder präsentiert. Die Werke erzählen freimütig von sich selbst und davon, wie unselbstverständlich die Bilder sind, denen wir gewöhnlich so leichtfertig trauen.
Kurator:  Hans-Jürgen Hafner
Ausstellungsort:  Freundschaftsinsel
Eröffnung:  Samstag, 27. August 2011 , 19:00

Es ist eine ungewöhnliche Künstlerliste, die Hans-Jürgen Hafner, der neue Leiter des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf, für "Bild und Träger" zusammen- gestellt hat. Die 1968 in Coventry gegründete Konzeptkunstgruppe Art & Language etwa trifft auf Friedrich Wilhelm IV. Michael Dreyers Auseinandersetzung mit dem Ausstellungs- pavillon wird von einer Performance flankiert, in der Thomas Kratz sich mit dem Pseudonym des Königs auseinandersetzt. Und Karl Friedrich Schinkels Planungen für Sanssouci finden sich unvermittelt neben einem zerborstenen Fries des Malers Jens Wolf, das als Gemälde den Raum dominiert und gleichzeitig die Malerei verweigert.

So wird die Ausstellung zu einem Laboratorium aus Geschichte und Gegenwart, in der kein Bild mehr selbstverständlich ist. Mehr noch: Wir sind uns nicht mehr sicher, ob wir eigentlich noch Bilder sehen. Das Publikum trifft auf Werke, die uns nahe sind, weil sie unsere Bildersehnsicht zu teilen scheinen, aber gerade noch an Hand ihres Rahmens oder ihrer Bestandteile als Bilder identifizierbar werden. Es sieht Wandmalerei, in der sich die Formen und Farben miteinander streiten. Es sieht ein Video, das sich zwei Gemälde Schinkels einverleibt und wird mit einem Transparent konfrontiert, das halb Bild, halb Bühnenvorhang ist. Alle Werke sind irgendwie Bild. Alle Werke aber zeigen die Auf- lösungserscheinungen, denen Bilder in unserer bilderüberfüllten Gesellschaft unterworfen sind. Die Ausstellung wird zum Schattenkabinett der Bilder, in der wir Werk für Werk erfahren, wie unwirklich, unnatürlich, unbegreifbar Bilder sein können. Wer diese Ausstellung sieht, wird nachher die Ecken und Kanten und Brüche in all den Bildern suchen und sehen, von denen wir in Medien und Ausstellungen umgeben sind.

"Bild und Träger" macht so die notwendigen Fragen, woraus unsere Bilder zusammengesetzt sind, welche Macht sie über uns haben und wie sie unsere Erwartungen prägen, handfest anschaulich. Hans-Jürgen Hafner setzt zu diesem Zweck finessenreich die preußische Geschichte ein. Er macht einen Entwurf Karl Friedrich Schinkels für die Gartenanlage im Schloss Charlottenhof zum historischen Muster seiner Ausstellung. Schinkels Versuch, dem kunstverliebten Kronprinzen einen neuen Masterplan für Sanssouci zu entwerfen - um einen Pfeiler herum wie mit einem Scharnier altes und neues Preußen zu verbinden und so eine bürgerliche Zukunftsvision für den künftigen Regenten vorzuzeichnen -, wird zum Vergleichsmuster für die Gegenwartskunst, die im Ausstellungspavillon zu sehen ist. Schinkels Wunsch, alle Hoffnungen eines historischen Augenblicks in einem ästhetischen Entwurf zu bündeln und so eine politische Wegweisung zu geben, ist in seiner Ambition auch heute aktuell. Auch wir gewinnen unsere Interpretation der politischen Welt aus Bildern und lesen unsere eigenen Handlungsoptionen orakelhaft an Bildern ab, wie sie uns die Medien liefern.

Die Ausstellung im Brandenburgischen Kunstverein Potsdam fragt deshalb in leisen Tönen, was wir den Bildern und was die Bilder uns zumuten. Die Künstler legen den Schluss nahe, dass wir aktiver, skeptischer, jedenfalls bewusster mit den Bildern umgehen müssen. Auf der Freundschaftsinsel in unmittelbarer Nachbarschaft zur frisch rekonstruierten historischen Mitte Potsdams ist das allemal einen nachdenklichen Gedanken wert.

Mit freundlichem Dank an die Galerie Aanant & Zoo, Berlin, das Potsdam Museum, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und Othmar Kaufmann für Ihre Unterstützung.