Michael Müller: Vor und hinter dem Glas

Fotos: Michael Lüder
/ BKV Potsdam
Courtesy Michael Müller

17. Dezember 2017 bis 11. Februar 2018
„Vor und hinter dem Glas“ ist eine Ausstellung im öffentlichen Raum. Die Werke des in Berlin lebenden Künstlers Michael Müller verwandeln den Ausstellungspavillon auf der Freundschaftsinsel in ein dreidimensionales Bild. Die Besucher des winterlichen Gartens stehen vor einer malerischen Plastik, in der die Bildebenen miteinander verschmelzen.
Künstler:  Michael Müller
Kurator:  Lukas Töpfer
Ausstellungsort:  Freundschaftsinsel
Eröffnung:  Samstag, 16. Dezember 2017 , 15:30

Die Ausstellung ist für die Betrachtung von außen konzipiert und zu den Öffnungszeiten des Gartendenkmals von Sonnenaufgang bis 17 Uhr zu sehen. Nach Ankündigung finden weitere Sonderführungen statt, zu denen der Innenraum für das Publikum geöffnet wird.

Nächste Führung: Sonntag, 4. Februar 2018, 14:30 Uhr - Mit Lukas Töpfer, Kurator der Ausstellung, und Gerrit Gohlke, künstlerischer Leiter BKV Potsdam


„Vor und hinter dem Glas“, eine Einzelausstellung von Michael Müller (*1970), besteht aus drei Gruppen von Gemälden: Einerseits die titelgebende Serie „Vor und hinter dem Glas“, die das Verhältnis von Bild, Bildträger und Rahmung, insbesondere des Rahmenglases, behandelt. Dann die fortlaufende Serie „Do it!“, pastos strukturierten, monochromen Gemälden, die in der Farbe der Wand bemalt sind, auf der sie präsentiert werden. Schließlich wird die Gruppe „Yes or No, No or Yes, or No and No“ gezeigt. Dabei handelt es sich um vier große, schwarze „X“-Formen und ein fünftes, zerbrochenes „X“ auf jeweils 70 weißen, in Aluminium gerahmten Keramikfliesen.

Die Präsentation variiert und interpretiert die zuvor gezeigte Gruppenausstellung „0,10 ODER DAS ÜBERLEBEN DER LEERE“ (kuratiert von Michael Müller und Lukas Töpfer). Die Einzelausstellung greift eine Facette der Gruppenausstellung auf und arbeitet sie weiter aus. Dabei werden fünf Werke aus der Gruppenausstellung in die aktuelle Ausstellung übernommen: vier Werke der Serie „Vor und hinter dem Glas“ und ein geschlossener, raumgreifender Plexiglaskubus („Exhibition Display“). Wie schon „0,10 ODER DAS ÜBERLEBEN DER LEERE“ gruppiert sich die Einzelausstellung konzeptuell und formal um den zentral präsentierten Plexiglaskubus, der die Form und Struktur des quadratischen und gläsernen Gebäudes auf der Potsdamer Freundschaftsinsel aufnimmt.

Das Verhältnis von Werk und Ausstellungsraum – Wand und Glas – rückt nun thematisch in den Vordergrund. Das Ergebnis ist eine Einzelausstellung an der Grenze zwischen zwei gläsernen Räumen. Das Projekt fokussiert, für Michael Müller untypisch, nur eine Komponente seines vielfältigen Gesamtwerks: die Auseinandersetzung mit dem Medium und den Möglichkeiten der Malerei im Raum.


Der Ausstellung ist der folgende Text von W. G. Sebald vorangestellt:

„Tatsächlich war von meiner Bettstatt aus von der Welt nichts anderes mehr sichtbar als das farblose Stück des Himmels im Rahmen des Fensters. Der im Laufe des Tages des öfteren schon in mir aufgestiegene Wunsch, der, wie ich befürchtete, für immer entschwundenen Wirklichkeit durch einen Blick aus diesem sonderbarerweise mit einem schwarzen Netz verhängten Krankenhausfenster mich zu versichern, wurde bei Einbruch der Dämmerung so stark, daß ich mich, nachdem es mir irgendwie, halb bäuchlings, halb seitwärts gelungen war, über den Bettrand auf den Fußboden zu rutschen und auf allen vieren die Wand zu erreichen, trotz der damit verbundenen Schmerzen aufrichtete, indem ich mich an der Fensterbrüstung mühsam emporzog. In der krampfhaften Haltung eines Wesens, das sich zum erstenmal von der ebenen Erde erhoben hat, stand ich dann gegen die Glasscheibe gelehnt und mußte unwillkürlich an die Szene denken, in der der arme Gregor, mit zitternden Beinchen an die Sessellehne sich klammernd, aus seinem Kabinett hinausblickt in undeutlicher Erinnerung, wie es heißt, an das Befreiende, das früher einmal für ihn darin gelegen war, aus dem Fenster zu schauen. Und genau wie Gregor mit seinen trübe gewordenen Augen die stille Charlottenstraße, in der er mit den Seinen seit Jahren wohnte, nicht mehr erkannte und sie für eine graue Einöde hielt, so schien auch mir die vertraute Stadt, die sich von den Vorhöfen des Spitals bis weit gegen den Horizont hin erstreckte, vollkommen fremd.“