Katrin von Maltzahn: Alphabet

Fotos 1 + 10
Ausstellungsansicht "Alphabet"
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Michael Lüder

Foto 2
Characters, 2007
Aquarell auf Papier
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Katrin von Maltzahn
 

Fotos 3, 9 + 12
Jorge Luis Borges visited Melbourne for 10 days, 2007
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Katrin von Maltzahn, Michael Lüder

Fotos 4 + 7
Models (Detail), 2005
Gebrannter Ton
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Katrin von Maltzahn, Michael Lüder

Foto 5
Afterglow Johannesburg, 2011
Bleistift und Aquarell auf Papier
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Katrin von Maltzahn

Fotos 6 + 11
Charts '64, 2005
Leihgabe des Instituts für
Auslandsbeziehungen e.V., Stuttgart
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Katrin von Maltzahn, Michael Lüder

Foto 8
Datenbotanik (Detail), 2003
Lichtecht Filzstift auf Papier
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto: Michael Lüder

Courtesy aller Arbeiten (außer Charts '64): Katrin von Maltzahn

15. April 2012 bis 17. Mai 2012
Katrin von Maltzahns Ausstellung "Alphabet" zeigt eine Welt von Zeichen und Zeichenmaschinen – die sich unter der Hand der Künstlerin aber aus der gewohnten Ordnung befreien. Vom Computerbauteil bis zum Bibliotheks- grundriss entwickelt die Künstlerin Chiffren, die sich aber aus ihren Funktionen befreien. Am Ende ist das Zeichen stärker als das Alphabet.
Künstler:  Katrin von Maltzahn
Kurator:  Gerrit Gohlke
Ausstellungsort:  Freundschaftsinsel
Eröffnung:  Samstag, 14. April 2012 , 18:00

Nach den Einzelausstellungen von Frank Nitsche und Eberhard Havekost folgen wir auch mit unserem neuesten Projekt der Frage nach dem Verhältnis von Abstraktion und Gegen- ständlichkeit. Katrin von Maltzahns Retrospektive mit Arbeiten der vergangenen sieben Jahre zeigt eine Welt aus Zeichen und Zeichenmaschinen - die sich unter der Hand der Künstlerin aber aus der gewohnten Ordnung befreien.

Im Zentrum der Ausstellung stehen dabei die vielteiligen Arbeiten „Models" (2005) und „Borges" (2007). In dem älteren der beiden Werke, hat Katrin von Maltzahn Computerbauteile zu stark vergrößerten Tonskulpturen umgeformt und zugleich in einer Serie von Zeichnungen in ein Alphabet konturhafter Chiffrenz zurückverwandelt. Die Ordnungsmaschine Computer wird zu einem Index tönerner Buchstaben. Anders als in der Medienkunst der 90er Jahre wird die Hardware nicht in ihrer Funktion benutzt, sondern als rhetorisches Mittel relativiert. Maltzahns Werk ist Schritt für Schritt ein Befreiungsschlag der Codes gegen das Diktat der technischen Vernunft. Hier widersetzt  sich eine Konzeptkünstlerin der Rigidität und Schablonenhaftigkeit des Konzepts.

In „Borges" wird dies ganz deutlich. Ausgehend vom Grundriss der Landesbibliothek (State Library) des australischen Bundesstaates Victoria in Melbourne entwickelt Maltzahn eine prismenhafte, oktagonale Form, die sich wie ein Emblem durch die 22-teilige Arbeit zieht. Dabei geht es aber nicht um eine Architekturrecherche über den 1913 erbauten La Trobe-Lesesaal, sondern um den argentinischen Autor Jorge Luis Borges (1899 - 1986), dessen emphatische Beschwörung der Bibliothek als einem irdischen Paradies der Formen und Bilder wie ein Mantra in den Zeichnungen beschworen wird. Zu sehen ist aber etwas anderes: die Emanzipation der Zeichen, die sich auf den Blättern verselbst- ständigen, auseinander streben, ein Borges-Zitat fragmentieren, transformieren und in Farbe und Zeichnung zersetzen, um dennoch dem Glauben an die Bibliothek als Idealzustand unseres Denkens die Reverenz zu erweisen.

Von den „Datenbotanik"-Blättern (floralen Mustern, die einem Herbarium zu entstammen scheinen, aber in Wahrheit Dateistrukturen abbilden) bis zu den „Screens" (Anverwandlungen kommerzieller Konfektionskleiderstoffe als Bildträger für Zeichenwolken) oder der „Afterglow Johannesburg"-Serie (Adaptionen von Flechtstrukturen in recycelten südafrikanischen Alltagsprodukten) betätigt sich Katrin von Maltzahn als Übersetzerin, die den Zwischenraum zwischen Bedeutung und Rhetorik, Recherche und chaotischem Zufall zu ihrem Handlungsraum macht und die Lesbarkeit der Welt als Aufforderung zum produktiven Missverständnis versteht. Das Verhältnis von Abstraktion und Alltagswelt wird in „Alphabet" also zur Kritik an einer Kunst, die sich mit der Hermetik des Konzepts gegen die Zumutung des Zufalls, der Intuition und des Chaos wehren will.

Der BKV Potsdam freut sich, anlässlich der Publikation des 2012 unter dem Titel „Records Journal Survey" bei argobooks erschienenen Künstlerbuchs von Katrin von Maltzahn einen Überblick über das Werk der letzten Jahre geben zu können.

Mit freundlicher Unterstützung durch das Institut für Auslandsbeziehungen e.V., Stuttgart und die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten | SPSG.


Ausstellungspavillon auf der Freundschaftsinsel
Geöffnet Dienstag bis Sonntag, 12 bis 18 Uhr