Alien

Fotos 1-5; 7-9; 11-12
Foto: Wolfgang Selbach

Foto 7
Klaus Merkel
Bullerbü (94.12.06), 1994
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
Foto 6
Jochen Kienzle im Gespräch mit Gerrit Gohlke
Sammlergespräch am 24.07.2011

Foto 10
Führung durch die Ausstellung von Gerrit Gohlke (re.)
und Jochen Kienzle
Foto: BKV Potsdam e.V.
Courtesy aller Arbeiten: Kienzle Art Foundation, Berlin
Unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (2. Teil der Ausstellungsreihe Collecting Evidence)
12. Juni 2011 bis 31. Juli 2011
"Alien" ist der Versuch, malerische Abstraktion nicht zu erklären, sondern zu einem Forschungsprojekt für das Publikum zu machen. Jedes Bild wird als Individuum auf einem von der Decke hängenden Leinwandrahmen präsentiert. Auf der Rückseite jeder der Flächen liefern Kurzessays nicht kunsthistorische Informationen, sondern weisen auf in den Bildern enthaltene Brüche und ungelöste Fragen hin. Der unerklärliche Rest, das Fremde wird zum Projekt des Publikums. Der Ausstellungsbesuch gerät zum selbstbestimmten Ausflug in die innere Wirklichkeit der Malerei. Das Projekt ist der zweite Teil der 2009/2010 begonnenen Ausstellungsreihe "Collecting Evidence". Die von Gerrit Gohlke für den BKV kuratierte Ausstellung umfasst 15 Werke von neun Künstlern aus der Kienzle Art Foundation, einer Stiftung des Berliner Sammlers Jochen Kienzle.
Kurator:  Gerrit Gohlke
Projekt: 
Collecting Evidence
Ausstellungsort:  Freundschaftsinsel
Eröffnung:  Samstag, 11. Juni 2011 , 19:00
So entstand ein Parcours der Bilder, den man nicht im vorbeigehen konsumieren konnte, sondern in dem man sich vorwärts, rückwärts und seitwärts bewegen musste, um selbst Antworten auf jene Fragen zu finden, die in den Begleittexten angesprochen, aber nicht aufgelöst wurden. Auf jeder der Rückseiten der Bildträger wurden in den Bildern enthaltene Brüche angesprochen, Fremdartigkeiten und Befremdlichkeiten aufgezählt und Vergleiche gezogen. Der unerklärliche Rest, das Fremde wurde zum Projekt des Publikums. Die "Aliens" ließen sich nur begreifen, wenn man sich Schritt für Schritt ihrer Sprache annäherte. Nicht die Experten hatten am Ende das Sagen, sondern - jedes einzelne Bild.

Dabei ging es um die Frage, die den Sammler und den Kurator der Ausstellung gleichermaßen bewegt und betrifft: Wie nah kommen uns Kunstwerke eigentlich und wie eng kann unser Verhältnis zu ihnen werden? Erfährt man von den "Audioguides" der Museen die Wahrheit über die Kunst? Oder ändert diese Wahrheit sich, wenn man die Kunst zu Hause zwischen Esstisch und Schlafzimmer an den Wänden aufhängt? Verändert ein intuitiver, aktiver Umgang mit den Werken unser Verständnis von (oder unsere Skepsis gegenüber) der Kunst?
"Alien - unheimliche Wesen aus einer fremden Welt" (wir haben uns den Titel von Ridley Scotts erstem Alien-Film entlehnt) geht davon aus, dass die Bilder eigentlich Fremde sind. Sammler und Kurator glauben, dass sich die Werke nicht vollständig erklären lassen. Oder vielmehr: Dass es viele Erklärungsversuche, aber keine fertige Erklärung gibt. Es gibt viele Worte, die sich über die paradoxen Geometrien, die formalen Widerspenstigkeiten der ausgestellten Exponate sagen ließen. Doch auch die gewichtigste historische Einordnung zieht keinen Schlussstrich unter unsere Empfindungen und Wahrnehmungen, wenn wir auf uns selbst gestellt vor der Leinwand die Farbe betrachten. Kunst macht Arbeit, sagt eine Binsenweisheit. Ist es denkbar, dass uns diese Arbeit niemand, auch kein Experte abnehmen kann? Dass wir zu Forensikern werden müssen, um die Beweisketten schließen, die Indizien verbinden zu können?
Ausgehend von dieser Annahme versuchte die Ausstellung nicht, das Publikum mit Erklärungen zu beruhigen, sondern auf das Unerklärliche in der Kunst hinzuweisen. Die Exponate wurden nicht blind gefeiert. Stattdessen sollten die Paradoxa, die Rätsel und Seltsamkeiten beschrieben werden, die sich an ihnen beobachten lassen. Die Ausstellungsmacher baten das Publikum um seine Mitarbeit. Sie luden zu Stellungnahmen ein. Das geschah nicht mit dem Trickreichtum der Museumspädagogen, die den Besucher gern herausfinden lassen, was sie schon zu wissen glauben. Sammler und Ausstellungsmacher erhofften sich vielmehr, dass die Summe der Beobachtungen am Ende mehr über unseren heutigen Umgang mit Malerei, ihre Funktion und unsere Lesweisen aussagen würde, als zu Ausstellungsbeginn einsichtig war.

"'Alien' ist also eine Ausstellung mit drei Seiten: Sie präsentiert eine Kunstsammlung höchster Qualität. Sie ist ein Kabinett herausfordernder Irritationen. Und sie ruft als Partizipationsprojekt zur Mitarbeit auf. Der Ausgang dieses Experiments ist so wenig vorhersehbar wie die waghalsige Kunst der Malerei selbst." (Ausstellungsinformation)


In Zusammenarbeit mit der Kienzle Art Foundation, Berlin